Ein Recherche-Newsletter von
RQ ELEMENTS.

Komplexes verständlich erklärt. Wöchentlich ein zentrales Gesellschaftsthema, ohne Drama und Noise. Nur das gefilterte Signal. Am Wochenende ein Impuls für mehr Gelassenheit im digitalen Chaos.

Damit du mitreden kannst,
fokussiert und ruhig bleibst

🤓 Darum geht’s heute

Hi und willkommen zu dieser ersten Wochenend-Ausgabe von standby. Heute ziehe ich dich mal raus aus der Social Media Dauerbeschallung. Nimm dir einen Kaffee oder Tee - es wird ziemlich fundamental, denn wir hinterfragen eine der heiligsten Kühe unserer Leistungsgesellschaft:

Das Setzen von Zielen 🎯

  • Warum das Konzept starrer Ziele in unserer heutigen Welt oft mehr schadet als nützt.

  • Was die Psychologie über die Nachteile von Zielerreichung sagt.

  • Wie du von starren Zielen zu flexiblen Systemen wechselst, um mit mehr Leichtigkeit und Freude voranzukommen.

🧭 Warum starre Ziele ausgedient haben

Die Idee, Erfolg systematisch über klar definierte Ziele zu steuern, ist tief in unserer Arbeitskultur verankert. Sie klingt ja auch erstmal logisch: Wer nicht weiß, wohin er will, kommt nirgendwo an.

Dieses Denken wurde maßgeblich durch Management-Vordenker wie Peter Drucker geprägt, der in den 1950er-Jahren das „Management by Objectives“ (MBO) populär machte.

Später kamen Konzepte wie die S.M.A.R.T.-Kriterien hinzu, die uns beibrachten, Ziele spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und terminiert zu formulieren. Das war eine Revolution für eine industrielle Welt, die auf Planbarkeit und Effizienz getrimmt war. Auch ich selbst habe vor vielen Jahren solche Ziele in meinem Notizbuch festgehalten.

Doch die Welt von heute ist eine andere.

Sie ist nicht mehr linear und vorhersagbar, sondern volatil, komplex und voller Überraschungen. In so einer Umgebung werden starre Ziele schnell zur Belastung.

Das Problem mit dem alten Modell 👀

Ein einmal gesetztes Ziel, das vor einem Jahr noch sinnvoll erschien, kann heute durch neue Technologien, eine veränderte Marktlage oder schlicht durch unsere eigene persönliche Weiterentwicklung völlig irrelevant geworden sein. Wer dann stur daran festhält, investiert Energie in die falsche Richtung.

Systeme statt Ziele 💡

Stell dir vor, du hörst auf, dich auf ein fernes Ziel zu fixieren. Stattdessen konzentrierst du dich auf ein System – ein tägliches oder wöchentliches Handeln, das dich in eine Richtung bringt, die sich gut und richtig anfühlt.

Der Autor James Clear etwa hat diesen Gedanken in seinem Bestseller Atomic Habits popularisiert:

„Du steigst nicht auf das Niveau deiner Ziele, sondern du fällst auf das Niveau deiner Systeme.“

Der Fokus verschiebt sich vom Ergebnis zum Prozess.

  • Für einen Autor bedeutet das: Nicht das Ziel „ein Buch schreiben“, sondern das System „jeden Tag 500 Wörter schreiben“.

  • Für einen Gründer: Nicht das Ziel „1 Million Euro Umsatz“, sondern das System „jede Woche fünf potenzielle Kunden ansprechen und echtes Feedback einholen“.

  • Für deine Gesundheit: Nicht das Ziel „10 Kilo abnehmen“, sondern das System „jeden Tag einen Spaziergang machen und Gemüse zu jeder Mahlzeit essen“.

Dieser Ansatz nimmt den Druck raus, weil der Erfolg nicht mehr an einem fernen Punkt in der Zukunft liegt, sondern in der täglichen, bewussten Handlung. Du gewinnst jeden Tag, an dem du deinem System folgst. Das Ziel wird so zu einer natürlichen Folge deines Handelns, nicht zu einem krampfhaften Akt.

😲 Was oft übersehen wird

Wir glauben, das Erreichen von Zielen mache uns glücklich. Das Festhalten an starren Zielen hat jedoch versteckte Kosten, die wir oft erst bemerken, wenn es zu spät ist und wir schon massiv investiert haben.

Ein bekanntes Phänomen ist der sogenannte „Arrival Fallacy“ (der Ankunfts-Trugschluss). Der Begriff wurde vom Harvard-Psychologen Tal Ben-Shahar geprägt und beschreibt die irrige Annahme, dass das Erreichen eines wichtigen Ziels uns dauerhaft glücklich machen wird. Die Realität ist meist eine kurze Welle der Erleichterung, gefolgt von einer Leere und der Frage:

„Und jetzt?“

Das Glück war nur ein kurzer Rausch, nicht der erhoffte Dauerzustand. Man jagt dem nächsten Ziel hinterher, gefangen im Hamsterrad der ewigen Optimierung.

Aber es geht noch tiefer.

Zu stark auf Ziele fixierte Menschen entwickeln oft einen gefährlichen Tunnelblick. Eine Studie mit dem bezeichnenden Titel „Goals Gone Wild” zeigte auf, wie exzessive Zielsetzung in Unternehmen zu unethischem Verhalten, übermäßiger Risikobereitschaft und einer Verengung des Fokus führt. Mitarbeiter ignorieren alles, was nicht direkt auf ihr Ziel einzahlt – selbst wenn es für das große Ganze essenziell wäre.

Was im Großen für Konzerne gilt, wirkt auch im Kleinen bei uns selbst:

🫩 Verlust der intrinsischen Motivation: Wenn wir etwas nur tun, um ein externes Ziel zu erreichen (z. B. eine Gehaltserhöhung), kann die eigentliche Freude an der Tätigkeit verloren gehen. Die Motivation kippt von innen (intrinsisch) nach außen (extrinsisch). Das System wird zur reinen Pflichterfüllung.

🫩 Reduzierte Anpassungsfähigkeit: Wer stur auf ein Ziel zusteuert, übersieht oft die spannenden, unerwarteten Abzweigungen, die das Leben bietet. Man klammert sich an eine alte Landkarte, obwohl sich die Landschaft längst verändert hat.

Systeme hingegen sind flexibel und agil … 🥷

Sie erlauben es, die Richtung anzupassen, wenn wir neue Informationen erhalten oder uns als Person weiterentwickeln.

Tipp: Folge einfach mal wieder mehr deiner Freude! Lass den Spaß an einer Sache dein persönliches GPS werden, das dich leitet, wenn es um eine Richtung geht.

Stell dir deine Ziele wie einen starren Fahrplan vor, während Systeme eher wie ein Kompass sind. Der Fahrplan sagt dir exakt, wann du wo sein musst – jede Abweichung ist ein Fehler. Der Kompass gibt dir nur eine Richtung vor. Welchen Weg du wählst, wie schnell du gehst und welche Pausen du einlegst, bleibt dir überlassen. Du bleibst der Autor deiner Reise.

KURZES BREAK

Stilles Design braucht kein Ausrufezeichen.

RQ ELEMENTS
Ein nachhaltige Marke aus Berlin.

☝️ Warum es relevant ist

Zu verstehen, dass starre Ziele ein Auslaufmodell sind, ist mehr als nur eine intellektuelle Spielerei.

Es ist eine Befreiung.

In einer Welt, die von permanentem Wandel und Unsicherheit geprägt ist, schenkt uns der Fokus auf Systeme statt Ziele eine neue Form von Stabilität und mentaler Widerstandsfähigkeit.

Wenn dein Glück nicht mehr vom Erreichen eines fernen Ziels abhängt, sondern von der täglichen Ausführung deines Systems basierend auf dem, was dir Spaß macht, verlagerst du den Kontrollpunkt zurück zu dir.

Du bist nicht mehr Spielball externer Umstände, die dein Ziel torpedieren könnten. Du findest Erfüllung im Hier und Jetzt, in der Handlung selbst.

Das reduziert Ängste und den lähmenden Druck, permanent etwas „erreichen“ zu müssen.

Diese Haltung macht dich anpassungsfähig. Wenn sich die Welt um dich herum ändert – und das tut sie ständig –, musst du nicht krampfhaft an einem veralteten Plan festhalten. Du justierst einfach deinen Kompass neu. Dein System, zum Beispiel „jede Woche etwas Neues lernen“, bleibt bestehen, aber worauf du es anwendest, kann sich flexibel ändern.

Indem du diesen Shift vollziehst, entkommst du der modernen Krankheit der Selbstoptimierung, die uns glauben macht, wir wären nur dann wertvoll, wenn wir das nächste Level erreichen.

Du erkennst an, dass Wachstum ein kontinuierlicher Prozess ist, kein Videospiel mit finalem Endgegner. Es ist ein ruhiger, beständiger Weg, der von Neugier und Freude an der Sache selbst angetrieben wird – nicht von der Angst, nicht genug zu sein.

🧐 Im Kern bleibt …

Heißt das, wir sollten nie wieder Ziele haben?

Nein, natürlich nicht.

Aber wir sollten ihre Rolle neu definieren. Ziele sind nützlich, um eine Richtung festzulegen – sie sind der erste Punkt, auf den wir unseren Kompass ausrichten. Aber danach sollten wir sie loslassen und uns voll und ganz auf das System konzentrieren, das uns in diese Richtung trägt.

Das Ziel gibt den Anstoß, das System sorgt für den Fortschritt.

Wenn du merkst, dass die Richtung nicht mehr stimmt, weil du dich verändert hast oder die Welt eine andere ist, dann justierst du den Kompass neu. Ohne schlechtes Gewissen, ohne das Gefühl des Scheiterns. Es ist einfach eine Kurskorrektur. Easy … 🤙

Vielleicht ist der größte Gewinn dieser Haltung eine neue Form der Gelassenheit. Genau deshalb habe ich das Thema für den Newsletter ausgewählt. Denn der Fokus liegt nicht mehr auf dem, was fehlt (das unerfüllte Ziel), sondern auf dem, was ist: die tägliche, bewusste Handlung.

Kein Druck mehr.

Und das ist eine coole und beruhigende Art, durchs Leben zu navigieren.

📖 Zum Stöbern

Rethinking Goals: the Science of Nonlinear Goal Setting – Schöner kurzer Artikel von Anne-Laure Le Cunff. Hier geht es darum, kleine Experimente zu starten, um Daten zu sammeln und sich nicht auf bestimmte Ergebnisse zu konzentrieren. Die Website sowie das Buch Tiny Experiments kann ich sehr empfehlen.

👨‍💻 Systeme Super Prompt

Bevor wir zum Schluss kommen, hier noch ein hilfreicher Prompt für dich, um von einem starren Ziel zu einer Richtung und einem System zu kommen. Gib einfach dein persönliches Ziel ein. Nutze den Prompt in einem KI-Tool deiner Wahl (ChatGPT, Perplexity, Gemini, Claude, etc.). Viel Spaß damit!

Mein Ziel: <Hier Ziel einfügen>

Du bist ein erfahrener Coach für experimentelles Arbeiten und iteratives Lernen.

Deine Aufgabe ist es, mir zu helfen, aus einem starren oder groß formulierten Ziel eine klare Richtung abzuleiten.

Schritt 1: Stelle mir präzise Rückfragen, um das Ziel und meine aktuelle Situation besser zu verstehen (Motivation, vorhandene Ressourcen, zeitliche Verfügbarkeit, Risikobereitschaft).

Schritt 2: Formuliere aus dem Ziel eine Richtung, die offen genug ist, um verschiedene Ansätze zuzulassen, aber konkret genug, dass ich erkenne, worauf ich mich fokussiere.

Schritt 3: Schlage 3–5 kleine, risikoarme Experimente oder Schritte vor, die ich innerhalb der nächsten 7 Tage umsetzen kann. Diese Experimente sollen:

– einfach startbar sein,
– möglichst wenig Zeit oder Geld kosten,
– mir helfen, sofort Feedback oder Erkenntnisse zu sammeln,
– bei Erfolg leicht ausbaubar sein.

Schritt 4: Formuliere für jedes Experiment:
– die konkrete Aktion,
– den erwarteten Lerneffekt oder das zu prüfende Signal,
– einen einfachen Erfolgsindikator.

Falls das Ziel zu vage ist, hilf mir zunächst, es so zu formulieren, dass daraus umsetzbare Experimente abgeleitet werden können.

Lass uns immer so arbeiten, dass ich kontinuierlich lernen und iterieren kann, statt auf einen großen Endpunkt hinzuarbeiten.

🤝 Wrap Up

So. Die allererste Sonntagsausgabe wäre geschafft!

Diese simple Idee, Ziele eher als Kompass denn als starre Karte zu sehen, hat für mich persönlich recht viel verändert. Sie schenkt einem Freiheit und Gelassenheit. Vor allem macht das Konzept komplett Sinn. Es wirkt trivial, ist aber anspruchsvoll in der Umsetzung - zumindest zu Beginn. Wir sind es einfach zu sehr gewöhnt, eigene Ziele zu setzen.

Dann bis zum nächsten Mal!
Ach ja, und immer schön ruhig bleiben in der neuen Woche

Wie dieser Text entsteht: Ich bin kein Experte im obigen Thema und will auch nicht schlau wirken. Aber ich bin eben neugierig und will komplexe Sachverhalte besser verstehen. Als Solo-Schreiber ohne Redaktion im Rücken helfen mir dabei moderne KI-Tools: beim Recherchieren, Strukturieren und Schreiben. Trotzdem steckt viel eigene Lebenszeit in jeder Ausgabe: Inhalte prüfen, Texte überarbeiten, Gedanken sortieren. Immer mit dem Ziel: ein verständlicher Überblick – fundiert, ehrlich, ohne Drama. Falls du einen Fehler findest oder Impulse zur Verbesserung hast, melde dich bitte gerne bei mir. Ich freue mich über jede Nachricht!

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